3 Fragen an Ludwig Linner, Geschäftsführer Linner GmbH

Geschäftsführer Ludwig Linner erzählt uns, wie die Linner Elektronik GmbH mit viel Enthusiasmus auf regionale Maskenproduktion aufgrund der Corona-Krise umgestellt hat.

Interview von Michael Urban, April 20, 2020

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Am 14.4. ging sie los bei der Linner Elektronik GmbH, die Produktion der ersten Gesichtsmasken. Aufgrund der Corona-Krise disponierte das Wolnzacher Unternehmen in einer „Hauruck-Aktion“ Kapazitäten um und stellt nun die branchenfremden Produkte her. An aktuell sieben Nähmaschinen (zusätzliche für diese Woche geplant) ist man im zweiteiligen Schichtdienst aktiv. Derzeit sind die Masken Behelfsmodelle aus einer bei 90 Grad waschbaren Baumwoll-Polyester-Mischung. Weitere Modelle mit zertifizierten Stoffen werden angedacht. Die Masken gehen an alle, die sie benötigen. In erste Linie sind dies große Bedarfsträger wie Kommunen, aber auch große Firmen, die jetzt schnell handeln müssen, um die Wirtschaft weiter am Laufen zu halten. Heute geht die erste Sendung an die Bundestagsfraktion der Grünen. Die Linner Elektronik GmbH kooperiert bei der Maskenherstellung mit Symto (Burgheim) und Reg10 (Pfaffenhofen), in Wolnzach findet dabei der letzte Arbeitsschritt, das „Zusammennähen“ und Beräumen der einzelnen Teile statt. Letzte Woche entstanden so 150.000 Masken, Tendenz steigend. Ziel ist es, möglichst viele Masken in kurzer Zeit herstellen zu können. Teilweise werden deshalb sogar je nach Bedarf Maschinen zwischen den Kooperationspartnern hin und her gefahren.

1 | hallertau.de: Hallo, Herr Linner! Ihr Unternehmen investiert ja ordentlich Kapazitäten, um auf die Maskenproduktion umzustellen. Wie finanziert sich denn die Produktion?

Ludwig Linner: Wir erhalten keinerlei Förderungen oder ähnliches. Alle Automaten, Nähmaschinen, Stoffe, etc. sind aus eigenen Mitteln vorfinanziert. Wir ringen stark um die Unterstützung der politischen Entscheider. Mit einer regionalen Produktion in großen Stückzahlen kommen die staatlichen Gelder zur Anschaffung von Masken nicht nur wenigen zugute, sondern wir versorgen auf diesem Weg sehr viele Leute hier in der Region mit Arbeit. Unsere Produkte sind knapp kalkuliert, denn wir wollen uns nicht persönlich bereichern. Freilich, all unsere Ausgaben müssen wir irgendwie wieder zurückwirtschaften. Aber wir glauben daran, dass es, wenn wir alle wieder möglichst schnell in der Situation sein wollen, uns „frei“ bewegen zu können, ein starkes Umdenken, unternehmerisches Handeln und einen engen Zusammenhalt zwischen Politik, Wirtschaft und Bevölkerung braucht. Und das wäre dann obendrein alles 100 Prozent „Made in Bavaria“!

2 | Was war der entscheidende Moment, als es „Klick“ gemacht hat und Sie sich gesagt haben: „Mensch, das machen wir jetzt einfach!“? Waren ihre Geschwister und Kollegen gleich mit an Bord?

Ja, so war es in der Tat. Wir haben uns zusammentelefoniert und für die Entscheidung, aktiv zu werden, brauchte es keine lange Überlegung. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Problem mit Langeweile habe und mich die ständige Angst um den Erhalt unserer Arbeitsplätze nervt. Die wirtschaftliche Situation ist anspruchsvoll. Der Maschinenbau und die Automobilhersteller kränkeln seit über einem Jahr sehr stark. Bereits 2019 gingen ja mehrfach große Entlassungswellen durchs Land und Corona macht das alles definitiv nicht besser. Durch diese Aktion kann ich meine Leute aus der Kurzarbeit herausholen und so glauben wir, einen großen Beitrag zur Verbesserung der aktuellen Situation leisten zu können. Der wichtigste Punkt ist aber, dass ich, Gott sei Dank, eine mega-gute Mannschaft habe, die auf die Idee Bock hat und sich auch auf sie einlässt! Darauf bin ich unheimlich stolz! Nur weil ich etwas cool finde, heißt das ja noch lange nicht, dass alle mitziehen. Und es hat nicht einmal fünf Minuten gebraucht, bis alle „Ja“ dazu gesagt haben. Zu guter Letzt habe ich großen Spaß dabei, hier mit all meiner Kraft anzuschieben.

3 | Eine Kooperation mit anderen Firmen und eine solch spontane Umstellung auf branchenfremde Produkte ist sicher ein ganz schöner Transformationsprozess. Was macht das mit Ihrem Unternehmen?

Die Umstellung ging sehr leicht von der Hand. Als Geschwister und Inhaber der Firma Linner haben wir großes Vertrauen ineinander, ebenso wie gegenseitiges Vertrauen zwischen uns und den Inhabern von Symto und Reg10 herrscht! Dies ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um echt etwas zu reißen. Wenn einer rein seinen persönlichen Vorteil sucht, ist so etwas nicht realisierbar. Das ist eine Teamleistung, in jeglicher Hinsicht. Seit nun zwei Wochen arbeiten meine Partner und ich durchgehend an dem Projekt und investieren all unsere Kraft in Produktentwicklung, Vertrieb, Fertigungsoptimierung sowie Spaß und gute Stimmung. Jeder kennt das von sich selbst… Wenn man etwas super cool findet, es für richtig hält und sein Ziel erreichen will, werden von ganz alleine sehr große Kräfte frei. Der Hintergrund für eine solche Umstellung ist in unserem Fall günstig. Meine Geschwister und ich stellen seit Jahren bei uns in der Firma alles auf den Kopf. Von daher sind alle bei uns im Haus Wandel gewohnt. Wir hinterfragen ständig, ob unsere Arbeitsweise noch zeitgemäß ist und passen kontinuierlich unsere Prozesse und Abläufe an. Dies funktioniert nur mit sehr flachen Hierarchien, Ehrlichkeit und Vertrauen. Wir möchten, dass alle gemeinsam an unserer gemeinsamen Zukunft basteln und jeder dafür seinen Beitrag leistet. Wir leben nicht nur von heute auf morgen. Bewegung und Neugier sind für uns sehr wichtig und seit vielen Jahren Teil unseres Lebens. Und auch der Spaß darf dabei zu keinem Zeitpunkt zu kurz kommen.

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