Christine Steiger – Schneiderin aus Leidenschaft

300 Reißverschlüsse, 1000 Garnspulen und eine Million Stecknadeln – sie hat das Zeug zum Schneidern. Ob Narrhalla oder Showtanzgruppen, durch Christines Hände sind schon viele Stoffe gegangen. Wir haben sie in ihrem Atelier in Sandelzhausen besucht.

Portrait von Simone Huber, März 5, 2019
„Näherin ist der schönste Beruf der Welt“

Gäbe es sie nicht, müssten Faschingsgarden und Showtänzer nackt tanzen: Die Schneider der Faschingskostüme. Christine Steiger ist eine der Wenigen ihrer Spezies, die ihr Handwerk noch von der Pike auf gelernt hat. Unter dem Namen „Flinke Schere“ hat sie sich mit einem eigenen Atelier in Sandelzhausen einen Namen gemacht. Nicht nur die Showtanzgruppe der Viva Boys & Girls des TV Meilenhofen schwört auf ihre Nähkünste. Auch die Mainburger Narrhalla vertraut ihr seit sechs Jahren das Schneidern sämtlicher Kostüme an.  Durch ihr Fingergeschick ist dem Träger bzw. der Trägerin der glanzvolle Auftritt sicher.

In Zeiten von billiger Massenware sieht sich Christine in der Pflicht, mit Sorgfalt, künstlerischem Gespür und viel Liebe Qualität zu liefern. Das hat sich herumgesprochen. Ununterbrochen erhält sie Anfragen und Aufträge von auswärtigen Garden und Showtanzgruppen, die sie – soweit es das Arbeitspensum zulässt – annimmt. Egal ob Nikolauskostüm, Pyjama, Maibaumfahne oder Faschingsprinzessin. Kaum etwas hat Christine Steiger nicht geschneidert. Zu tun gibt es für sie auch außerhalb der Faschingssaison genug. Der Fundus an Stoffen, der sich über die Jahre hinweg angesammelt hat, ist riesig.

Die Ersatz-Mama der Narrhalla

Ihre Augen beginnen zu leuchten, als sie einen einen stilechten Rocksaum-Markierer präsentiert. Für Christine ein kostbares Erinnerungsstück, handelt es sich doch um ein Geschenk eines echten Münchner Modeprinzen. Jedes Kostüm ist echte Handarbeit. Für die Narrhalla-Prinzenpaare lässt sich die gelernte Schneiderin, die ihren Beruf seit 40 Jahren mit großer Hingabe ausübt, immer etwas Besonderes einfallen. Jedes Jahr baut sie ein Detail ein, das die Prinzenpaar-Gewänder zu Einzelstücken macht. „Dieses Jahr ist es ein Karabinerhaken am Kragen der Prinzenuniform, wo er seine zu verleihenden Faschingsorden anbringen kann“, verrät Christine. Jeder einzelne Stich soll sitzen, jede Borte und jede Paspel hat ihren Platz. Eine Sisyphusarbeit.

Ihr Ruf als „ Narrhalla Ersatzmama“ kommt nicht von ungefähr. „Nach getaner Arbeit einfach zurücklehnen und sich um nichts mehr kümmern, geht für mich nicht“, sagt sie überzeugt. Was tun, wenn eine Kleidernaht reißt oder der Faschingsprinz seiner Prinzessin versehentlich auf den Rock steigt?  „Ich bin für meine Garden 24/7 erreichbar. Bei unvorhergesehenen Eskapaden muss ich sofort aushelfen können“.  Ihre Prinzenpaare kennen sie daher teilweise sogar im Schlafanzug. „Auch Kleideranproben um halb fünf morgens hat es schon gegeben“, erzählt Christine.

„Christine ist Schneiderin, Seelenklempnerin und Narrhalla-Mama in einem. Sie ist unnachahmlich und unerreicht.“

Tobias I. und Ines I., Prinzenpaar der Narrhalla

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Meter für Meter

Bei der Auswahl der Schnitte und Stoffe will Christine niemandem etwas aufs Auge drücken: „Ich gehe voll auf die Wünsche meines Kunden ein“. Dazu bedarf es manchmal einiger Vorgespräche, in denen sie alle Details rauskitzelt. Erst dann setzt sie sich an die Nähmaschine, fertigt Muster an, bastelt, stickt und schneidet bis alles zur Perfektion sitzt. Ein bewegender Moment für die Schneiderin beim Anblick des fertigen Werk. „Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn sich mein Kunde, überglücklich vor Freude, mit Tränen in den Augen im Spiegel betrachtet“, gesteht Christine.

Was es beim Anfertigen der Prinzenpaar-Robe zu beachten gilt? „So ein Kleid muss wachsen können. Oft schwankt das Gewicht der Prinzen bzw. Prinzessin in einer Saison. Das erfordert Spielraum“, meint Christine. 80 bis 90 Meter Stoff werden vernäht. In einer Saison kommt es zu vielen Zusammenkünften zwischen ihr und den Prinzenpaaren. So auch mit Ines und Tobias, den diesjährigen Faschingsregenten der Narrhalla. „Mein Mann hat die Beiden schon als Mitbewohner akzeptiert“, scherzt sie.

„Unterrocknähen mach ich nicht so gern. Da sitzt man manchmal 8,5 Stunden da und nachher tut mir alles weh“

Christine Steiger