Hopfen und Spargel brauchen euch jetzt!

Interview von Lisa Schwarzmüller, März 18, 2020

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Kaum einen Wirtschaftszweig könnten die Auswirkungen der Corona-Krise so hart, unmittelbar und mit so schweren Folgen für uns alle treffen wie die Landwirtschaft. Die Produktion von Lebensmitteln ist essentiell. Egal, welche deutschen Erzeugnisse man dabei betrachtet – an allen Ecken und Enden waren in den vergangenen Jahren ausländische Arbeitskräfte im Spiel. Der von Deutschland verhängte Einreisestopp in der nun aufblühenden Saison könnte zu empfindlichen Produktionseinbußen führen. Auch in der Hallertau bangt man um den Hopfen- und Spargelanbau. Deswegen ist jetzt Solidarität aus den eigenen Reihen nötiger denn je.

Wir haben uns mit Marcus Kawasch, Geschäftsführer vom Maschinen- und Betriebshilfsring Ilmtal e.V., am Telefon zum Interview getroffen und gefragt: Wie kann man helfen?

Hallertau.de: Herr Kawasch, wieviele Saisonarbeitskräfte fehlen in der Hallertau?

Marcus Kawasch: Wenn wir vom Hopfenandrehen ausgehen, fehlen nach meiner Einschätzung zwischen 3000 und 5000 Menschen. So ein durchschnittlicher Hopfenbetrieb hat um die 18 Hektar, die brauchen in der Regel 10 Leute. Genauso betroffen ist der Spargel. Wenn man den auch noch mitrechnet, sind wir wahrscheinlich bei über 10.000 Leuten.

Guter Rat ist in Zeiten wie diesen teuer. Was muss jetzt dringend passieren?

Aufgrund der notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Covid-19 befinden wir uns in einer außergewöhnlichen Situation. Die stellt uns vor zwei große Probleme: Wollen die ausländischen Saisonarbeitskräfte die Arbeit in einem Gefahrengebiet wie Deutschland überhaupt annehmen? Tun sie sich das an? Und zusätzlich werden jetzt die Grenzen abgeschottet. Natürlich müssen wir trotzdem weiter Lebensmittel und Nahrungsmittel erzeugen, also brauchen wir die Leute. Wenn sie arbeiten wollen, brauchen diese Menschen bei entsprechenden Bescheinigungen und nach Vorlage eines Arbeitsvertrages die Möglichkeit, die Grenze zu passieren. Stand heute wurde letzteres von Verbandsseite auch erreicht. Natürlich kann ich aber auch nicht wissen, was passiert, wenn sich die Situation bezüglich der Infektionszahlen weiter verändert.

Was wurde denn schon unternommen?

In Zusammenarbeit mit dem Hopfenpflanzerverband wurde versucht, über diverse Portale Helfer aus der eigenen Region zu akquirieren.

Wenn man als Erntehelfer arbeiten möchte, wie sieht der Job genau aus? Unter welchen Bedingungen wird gearbeitet?

Im Moment geht es mit dem Drahteinstecken im Hopfenanbau los. Die Hauptaufgabe danach ist das Hopfenandrehen. Wenn der Hopfen anfängt zu wachsen, kann er dann den Draht hinaufklettern. Da wird von Reihe zu Reihe vorwärts gegangen und die Pflanze an den Draht angedreht. Beim Spargel steht das wohl bekannte Spargelstechen in den kommenden zwei bis drei Wochen an. Dabei ist man draußen in der Natur, es geht in der Regel zwischen 7 und 8 Uhr los, die Arbeit geht inklusive Pausen zehn Stunden lang.

An wen sollen sich Interessenten wenden? 

Die Maschinenringe Bayern, der Bundesverband der Maschinenringe und der Pflanzerverband haben ein neues Online-Portal geschaffen, weil inzwischen sehr viele Anfragen reinkommen. Dort können sich Arbeitssuchende und die Betriebe, die Helfer benötigen, eintragen. Darüber kann dann direkt eine Vermittlung stattfinden. Dieses Portal ist ab Anfang nächster Woche freigeschaltet. Aktuell kann man sich speziell für die Hallertau bei uns, beim Hopfenring oder beim Hopfenpflanzerverband melden.

Worst Case: Was passiert, wenn nicht genügend Erntehelfer gefunden werden?

Wenn das nicht gelingt, haben wir starke Produktionsausfälle. Ich bin aber optimistisch. Ich denke, man sieht, dass man hier symbolisch gesehen etwas zusammenrücken und versuchen kann, aus dieser Situation das Bestmögliche zu machen. Für den Spargel kann ich weniger sprechen. In jedem Fall gilt für den Hopfen: Wenn nicht genügend Erntehelfer gefunden werden, dann gibt es – salopp gesagt – weniger Bier. Aber es kamen bisher schon wesentlich mehr Anfragen, als ich gedacht hatte. Gerade von Seiten der Studenten kam da sehr viel. Das ist trotz allem eine positive Sache.

 

(Das Interview wurde bezüglich Länge und Lesbarkeit redigiert)

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