Oh, Tannenbaum

Sepp Fischer aus Attenkirchen ist Landwirt. Neben Haselnüssen verkauft er Christbäume und beliefert damit große Kommunen wie München. Jetzt im Dezember boomt das Geschäft. Wir durften ihm beim Arbeiten über die Schulter schauen.

Reportage von Simone Huber, Dezember 7, 2018

Na, schon ein schönes Exemplar ergattert? Oder wie viele andere noch auf der Suche? Bald ist Weihnachten, und da darf einer auf keinen Fall fehlen: Der gute, alte Christbaum. Geht es um das grüne Tannennadelgewächs, ist Sepp Fischer quasi der „Mann des Vertrauens“. Der Betrieb der Familie Fischer in Attenkirchen im Landkreis Freising ist ein Vollerwerbsbetrieb, der sich auf den Christbaum- und Haselnussanbau spezialisiert hat. Während die Haselnüsse zum Großteil an die Erzeugerorganisation der deutschen Haselnussanbauer geliefert werden, vermarktet Familie Fischer ihre Christbäume über den heimischen Einzelhandel. Die regionale Aufzucht ist damit gewährleistet. Sepp Fischers Bäume sind sozusagen „Made in Bavaria“. Das bedeutet kürzere Wege und eine bessere Ökobilanz und am Ende ein etwas erleichtertes Umweltgewissen an Heilig Abend.

Sepps Verkaufsstände liegen im Freisinger Raum. Auch große Kommunen und Städte wie München beliefert er. „Am Münchner Marienplatz steht ein Baum von mir“, sagt er bescheiden. Dabei sind Sonderwünsche auf der Tagesordnung. „Da kann das Aussuchen des passenden Baumes schon mal einen ganzen Tag in Anspruch nehmen“, erzählt er schmunzelnd. Jedes Ästlein müsse sitzen. Ein Baum kann da schon mal an die 1000 Euro kosten. Sepp Fischer kennt aber mittlerweile die Macken seiner schwierigeren Kunden. „Manchmal fragt man sich schon: Haben die Leute denn keine anderen Probleme?!“.

Von der Saat bis zur Ernte

„Bis eine Tanne groß genug für unsere Wohnzimmer ist, vergehen im Schnitt zehn Jahre. Größere Bäume für den Außenbereich brauchen teilweise 20 bis 25 Jahre, bis sie ausgewachsen sind“, erzählt Sepp Fischer. Er bepflanzt zigtausende Bäume auf drei verschiedenen Anbauflächen. Fragt man ihn nach der beliebtesten Sorte seiner Kunden, lautet die Antwort: „Die Nordmanntanne!“ Der Grund? Sie hat einen besonders dichten Wuchs und sticht nicht. Das sei auch beim Einnetzen angenehmer. Nummer zwei auf der Beliebtheitsskala ist die Blaufichte. Auch exotischere Sorten wie die „Fraser Tanne“ hat Sepp im Sortiment.

Jetzt in der Vorweihnachtszeit geht es beim Forstwirt drunter und drüber. Die Christbäume haben Hochkonjunktur. Bis zu 200 Stück werden pro Tag genetzt. Spektakuläre Einblicke gewährt er uns beim Fällen und Abtransportieren. Bei den Fischers läuft das hochprofessionell und mit viel Fingerspitzengefühl ab. „Es soll möglichst nichts abgebrochen werden“, sagt Sepp Fischer konzentriert bei der Arbeit. Zum Einsatz kommt neben der Motorsäge ein Kran. Der liftet die Kolosse in schwindelerregende Höhen und schwenkt sie durch die Luft. Ein Bild, das man nicht alle Tage hat!

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Wie wär´s mit einem Bio-Christbaum?

Ist der Wunsch nach Bio-Bäumen auch bei den Forstwirten zu spüren?  Teilweise ja. Sepp Fischer weiß: „Bio-Anbau bei Weihnachtsbäumen ist unwirtschaftlich und unrentabel“. Der Ertrag ließe meist zu wünschen übrig, selten könne der Bedarf gedeckt werden. Deshalb steigen die meisten wieder auf „konventionell“ um. Ist der Baum deshalb automatisch giftig? Sepp´s Antwort: „Nein“! Die eingesetzten Spritzmittel sind von der EU zugelassen und in aller Regel harmlos. „Außerdem essen wir den Baum ja nicht!“

Den Leuten ist beim Kauf die Ästhetik sehr wichtig. „Ein Baum wächst von Natur aus selten symmetrisch. Schiefe Spitzen oder krumme Äste kommen immer wieder vor. Ein intensives Grün und ein dichter Bewuchs brauchen Dünger. Bio-Bäume entsprechen nicht dem Idealbild eines „perfekt“ gewachsenen Baumes. Wer einen Bio-Baum möchte, muss Einbußen im Erscheinungsbild in Kauf nehmen“, gibt Fischer zu bedenken.

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3 Fragen an Christbaum-Bauer Sepp Fischer

Irgendwelche wundersamen Erlebnisse oder verrückte Kundenwünsche?

Eine Frau wollte einmal in ihrem Haus nur den Rumpf eines Baumes aufstellen, weil der Baum mit Gipfel die Zimmerhöhe überstieg. Da musste ich tatsächlich den Baum halbieren! Dass es an Heiligabend zur Bescherung an der Tür klingelt und jemand fragt, ob er noch einen Baum haben könne, passiert regelmäßig.

Ist der Klimawandel auch in der Christbaumzucht zu spüren?

Ja! Wie in der Forstwirtschaft allgemein, ist der Borkenkäfer ein Feind des Christbaums. Sepp Fischer: „Heuer hat die enorme Hitze den Käferbefall erhöht und die Bäume zerstört“. Ernteeinbußen waren für ihn die Folge. Da spricht man einer Dimension von mehreren Hundert Stück.

Besonders emotionale Momente? 

Einen Baum zu fällen, nachdem man ihn jahrelang großgezogen, gehegt und gepflegt hat, fällt Sepp Fischer nicht immer leicht. Ist er doch Forstwirt mit Leidenschaft und liebt jeden seiner Gewächse. Besonders bei den großen Prachtexemplaren: „Da  sieht man erst, wie schnell 20 Jahre vergehen“.