Weihnachtskrimi: Stille Nacht, eisige Nacht – Teil #7

Lesen und Spenden - mit dem Hallertauer Adventskrimi von Christiane Fux! Begleitet Kommissar Reineder durch seinen mysteriösen Fall, die Hallertau und unsere 24 Türchen. Und wenn es euch gefallen hat, schließt euch unserer Autorin an, die ihr Honorar ganz im Geiste der Weihnacht für ein Kinderhospiz spendet.

Allgemein von hallertau.de, Dezember 7, 2019

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Teil 7

Charlie Obermayr, genannt „der Buddha“, thronte hinter dem Tresen seines Wettbüros. Er hatte die Figur eines Sumoringers und den Blick einer Kobra. Kommissar Reineder hatte das Etablissement mit Schwung betreten, blieb nun aber an der Schwelle stehen und ließ den Blick betont routiniert durch den Raum schweifen. An den Wänden hingen dicht an dicht Monitore, auf denen Sportveranstaltungen aus aller Welt flimmerten. Irgendwo gab es immer ein Pferderennen oder ein Fußballspiel. An den weißen, mit Tippzetteln und Kulis bestückten Tischen hockten ausschließlich Männer, die Augen fest auf die Monitore geheftet. In ihren Blicken spiegelte sich wahlweise irrwitzige Hoffnung oder schiere Verzweiflung.
Reineder war ein wenig erstaunt, dass an einem Nachmittag unter der Woche so reger Betrieb herrschte. Einer der Männer, ein schmächtiges Kerlchen, das trotz seiner jungen Jahre mit einer Halbglatze geschlagen war, war offenbar gerade in einen Disput mit dem Buddha verstrickt. „Ich schwör‘s, ich kann die Kohle besorgen. Gib mir 24 Stunden!“, bettelte er. Der Buddha machte eine ungeduldige Bewegung mit seiner fetten Hand und richtete seinen Blick auf den Kommissar.
Der steuerte geradewegs auf ihn zu. Der Buddha war ein alter Bekannter. Er hatte schon wegen mehrerer Delikte gesessen, von Körperverletzung über Erpressung bis hin zu Drogenhandel. Mit noch weit mehr Straftaten war er jedoch davongekommen, wusste der Kommissar. Jedenfalls: Man kannte sich.
„Alles klar, Herr Kommissar?“, sagte der Buddha mit einer Stimme, die überraschend hoch war für seine Statur. Er entblößte eine Reihe mausekleiner Zähnchen. Sein Anzug umschloss den mächtigen Körper so perfekt, dass es sich um eine Maßanfertigung handeln musste.
Reineder nickte ihm knapp zu. „Scheinen ja zu laufen, die Geschäfte“, sagte er. „Ich dachte, Zocken würde man inzwischen vor allem online.“
„Es gibt Kunden, die schätzen den persönlichen Kontakt.“ Der Buddha lächelte milde.
Vor allem lässt sich auf diese Weise sehr gut Schwarzgeld waschen, dachte Reineder. Doch deswegen war er heute nicht gekommen. Er zog sein Smartphone hervor und hielt dem Buddha das Display unter die Nase. „Schon mal gesehen?“
Der Buddha kniff die Augen zusammen. „Das ist eine Plastiktüte“, sagte er.
„In der wir einen Fingerabdruck von Ihnen gefunden haben.“ Der Buddha verzog keine Miene. „Dann gehe ich davon aus, dass ich sie schon mal in den Händen hatte. Was ist damit?“
Reineder schob mit dem Daumen das nächste Foto auf das Display. „Diese Hand“, sagte er, „befand sich in der Plastiktüte mit Ihrem Daumenabdruck. Und so frage ich mich natürlich, wie das zustande kommt.“ Der schmächtige Kerl mit der Halbglatze, der noch immer am Tresen lungerte, stieß einen Schnaufer aus. Dann schob er sich in Richtung Ausgang. Egal. Darum würde sich die Bibi kümmern, die draußen die Stellung hielt.
Der Buddha verzog sein Gesicht zu einer Parodie des Nachdenkens. „Ich habe wirklich keine Ahnung“, sagte er dann, „vielleicht habe ich sie weggeworfen. Vielleicht hat ein Kunde sie mitgenommen. Wer merkt sich schon, was er mit einer Plastiktüte tut.“
„Sie hat einen Zippverschluss“, insistierte Reineder.
„Tatsächlich? Aber trotzdem, ich habe wirklich keine Ahnung.“ Der Buddha breitet die Hände in einer Geste der Demut aus. Reineder war klar: Der Kerl log wie gedruckt.


Die Autorin

Christine Fux (zur Website), aufgewachsen in Hamburg, lebt und schreibt seit mehr als 20 Jahren in München. Dank ortskundiger Freunde ist ihr inzwischen auch der besondere Charme der Hallertau vertraut. Die Medizinjournalistin hat bislang vier Kriminalromane rund um den ermittelnden Bestatter Theo Matthies im Piper-Verlag veröffentlicht. Nebenbei strickt sie raffinierte Dinnerkrimispiele für zuhause unter der Marke „Mörderische Dinnerparty“.

Das gesamte Honorar für diesen Adventskalender geht als Spende an die Stiftung „Ambulantes Kinderhospiz München“. Die in ganz Bayern tätigen Helfer unterstützen Familien mit schwerst- und todkranken Kindern, damit die kleinen Patienten statt im Krankenhaus im Kreise ihrer Familien versorgt werden können.

Wenn auch du dieses wichtige Projekt unterstützen möchtest, kannst du dich hier informieren: www.kinderhospiz-muenchen.de. Oder spende direkt und unkompliziert unter unserer personalisierten Spendenaktion „Lesen und Spenden – mit dem Hallertauer Adventskrimi!“.

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