Challenge accepted: 7 Tage persönliche Entrümpelung

Wir nehmen uns viel vor - aber schaffen wir es auch, bis zum Ende durchzuhalten? Unsere Autorin Katrin hat sich selbst eine "Challenge" gestellt: Sie will Dinge fasten.

Feature von Katrin Seidl, März 17, 2020

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In den vergangenen Tagen ist durch Corona einiges durcheinandergeraten. Plötzlich bekommt die Fastenzeit eine ganz neue Bedeutung. Eigentlich wollten wir hier für euch einen kurzweiligen Artikel über die Dinge platzieren, auf die wir über die üblichen Verdächtigen (Alkohol, Schokolade und Co.) hinaus noch verzichten könnten. Nun ist der Kontakt zu anderen Menschen plötzlich der weitaus schwerwiegendere Verzicht geworden. Wir kehren in uns, nicht freiwillig, sondern weil wir es müssen. Um einerseits der Fastenzeit und ihrem beruhigenden Moment doch noch nachzukommen und andererseits die nicht ganz freiwillige Einkehr zu Hause positiv zu gestalten, haben wir deswegen hier ein paar Tipps für euch, wie man diese Zeit nützlich gestalten und überflüssigen Hausrat und dazugehörige Gedanken in den Griff bekommen kann.

Meine Challenge: 

Ich habe eine Schwäche für leere Boxen, Tütchen und hübsche, an den Henkeln verzierte Einkaufstaschen. Mittlerweile habe ich so viele, dass ich nach dem Matrjoschka-Prinzip Tüte in Tasche, Tasche in Kiste und Kiste in Box gepackt habe – die nun „herumstehen“. Ganz im Sinne der Fastenzeit habe ich mich entschlossen, die Kisten für etwas Konstruktives zu nutzen und damit meine Räume „freizufasten“. Jeden Tag kommt im Selbstversuch ein überflüssiger Gegenstand in eine meiner Boxen. Parallel dazu „entsorge“ ich auch den Gedanken, der es mich immer wieder verschieben ließ. Eigentlich ganz einfach: Gegenstände werden entweder in den Wegwerfbeutel, die Geschenkebox oder die Zurückgebetasche gepackt und die Gedanken dazu in die „Schweinehunde-Schachtel“. Das Ganze mache ich sieben Tage in Folge – mal schauen, was passiert.

Wegwerf-Tasche
Schweinehundschachtel

Tag 1

Das Ding: Ein Gutschein für eine „Medy Jet-Massage“ in der Klinik Seehalde am – ich trau es mich ja gar nicht sagen – Bodensee.

Kommt in: den Wegwerfbeutel!

Gedanke für die Schweinehunde-Schachtel: Da komm ich vielleicht nochmal hin … Nein. Nicht in 100 Jahren, mach dir da mal nichts vor. Aufgehoben habe ich es als Reminiszenz an den Aufenthalt in dem Hotel und nicht, weil ich mir tatsächlich vorgenommen habe, 200 Kilometer für eine nicht mal von einem Menschen ausgeführte Massage zu fahren.

Tag 2

Das Ding: Eine Weihnachts-Sternenkerze von 2019. Sie ist zu Dreivierteln heruntergebrannt und hat Löcher im Wachs. Genau mein Ding!

Kommt in: den Wegwerfbeutel!

Gedanke für die Schweinehunde-Schachtel: Eigentlich ist genau das eine Quäntchen Zuviel an Wachs übrig, um sie guten Gewissens zu entsorgen. Eigentlich würde sie noch brennen. Gut, dann werde ich sie jetzt anzünden und auf meinen Schreibtisch stellen. Ein wenig schön flackerndes Kerzenlicht bei der Arbeit. Heute Abend, wenn sie komplett heruntergebrannt ist, werfe ich sie weg. Versprochen!

Tag 3

Das Ding: Eine Parfümflasche.

Kommt in: die Geschenkebox!

Gedanke für die Schweinehunde-Schachtel: Die Aufschrift ‚Stay with me‘ – okay, das ist nicht mal subtil – ist schwer zu übersehen und triggert mein „Hamster-Gen“ ohne Ende! Aber ich denke an Liesis Lächeln, wenn ich es ihr schenke. Sie liebt alles, was mit guten Düften zu tun hat. Selbst kauft sie sich aber nur selten etwas. Da lege ich ihr gleich noch eine Parfümmilch dazu! Wenn ich sie dann wiedersehe, was ja jetzt dauern kann, freut sie sich bestimmt.

Tag 4

Das Ding: Blu-ray Disc „The Intimation Game“ von Susanne.

Kommt in: die Zurückgebetasche!

Gedanke für die Schweinehunde-Schachtel: Hm, das nächste Mal, wenn ich nach München fahre, denke ich sicher daran es mitzunehmen. Stopp – diese Ausrede zählt jetzt nicht mehr. Mal ehrlich: du hast die letzten acht Jahre nicht daran gedacht. Abmarsch, in die Box und verschicken! Du kannst bei der Gelegenheit gleich noch eine von deinen Sammelkarten mit nettem Gruß obendrauf packen!

Tag 5

Das Ding: Zwei kleine Pipetten-Pröbchen von Serümchen fürs Gesichtchen und vier kleine Fläschchen zum Probier-Schnüffelsprühen!

Kommt in: den Wegwerfbeutel, also die Pipettenpröbchen. Die Schnüffelsprühpröbchen kommen in die Geschenkebox zu Liesis Duftparadies.

Gedanke für die Schweinehunde-Schachtel: Ich verstehe mich nicht. Warum lasse ich mir immer wieder so Zeug andrehen? Hübsch sind sie schon. Aber der Gedanke, wie viele Ressourcen dafür verschwendet werden und wie viel Müll produziert wird, macht mich gerade richtig grantig! Deshalb habe ich sie bis jetzt auch immer behalten, da ich gehofft hatte, ihnen einen weiteren Daseinszweck zu entlocken. Aber sie sind zu klein, um sie für irgendetwas Sinnvolles zu verwenden. Schluss und weg damit!

Geschenkschachtel

Tag 6

Das Ding: Zwei Gesichtsmaskenpackungen, jetzt endlich leer!

Kommt in: den Wegwerfbeutel (der wird langsam ganz schön voll).

Gedanke für die Schweinehunde-Schachtel: Kaufe dir nie wieder in einer „Alles wird schöner, so auch ICH“-Anwandlung Gesichtsmasken. Du weißt, dass du sie nicht verwendest, da weder deine Haut noch du selbst Gesichtsmasken aus Packungen sonderlich mögen. Merk dir das endlich!

Tag 7

Das Ding: Mein alter Reisekoffer!

Kommt in: Okay, hier eine Ausnahme! Er kommt in keine Box, Kiste oder Schachtel, aber dafür nach Uganda!

Gedanke für die Schweinehunde-Schachtel: Das andere war alles Pillepalle! Darauf hast du dich die letzten sechs Tage vorbereitet. Lieber Koffer, du hast mit mir dein Leben geteilt. Du warst mein Zuhause während meiner Studienzeit in London. Auf all meinen beruflichen und privaten Abenteuern warst du als treuer Freund an meiner Seite. Warum musste dein Reißverschluss kaputtgehen? Warum mussten wir beide alt werden? Warum? Mich von dir zu trennen ist hart. Aber für den letzten Tag muss ein richtiges Opfer her. Und die gute Elke hat gesagt, die in Uganda freuen sich darüber, einen eigenen Koffer ohne Reißverschluss für ihr Hab und Gut zu haben. Sei also ein zu Hause für eines der Kinder dort. Mach’s gut!

Foto @pixabay

Fazit: Challenge completed!

Obwohl ich am letzten Tag fast gescheitert wäre – es ist geschafft! Und aus sieben Tagen werde ich jetzt vierzig machen. Warum? Die Zeit dafür, alles auf einmal zu entsorgen, hätte ich mir nicht genommen. Jeden Tag nur „ein Ding“ zu entrümpeln ist überschaubar und gut zu bewältigen. Und manchmal werden dann gleich zwei oder drei daraus.

Der Gewinner der Woche war dabei eindeutig die Sternenweihnachtskerze! Die letzten Stunden mit ihr waren wunderschön. Es wurden sogar ganze drei Tage, da ich die Brenndauer einer fast abgebrannten Kerze deutlich unterschätzt hatte. Ihr ausgleichendes Licht ließ mich öfter eine kleine Pause machen, um sie bewusst anzusehen. Daumen hoch! Kerzenlicht bei der Arbeit – werde ich ab sofort öfter machen.

Verlierer der Woche: Gesichtsmasken! Die wurden wegen der immensen Verpackung und dem Inhalt klar zum No-Go erklärt. Stattdessen kehre ich zurück zu Großmutters Selbstgequirltem: Kaffeesatz vermengt mit Öl und Salz oder Quark mit Honig!

Das habe ich gelernt:

Die kleinen „Dinge“, die uns im Alltag umgeben, nehme ich bewusster war. Mir ist klar geworden, wie viel Ressourcen und Arbeit in der Herstellung dieses Kleinkrams stecken. Daher auch mein fester Vorsatz, in Zukunft Kleinkram-Käufe aus einer Laune heraus zu vermeiden. Auch werde ich angebotene Proben nicht mehr mitnehmen. Ich habe mich „eingefastet“. Nach sieben Tagen ist mir innerlich ein wenig leichter und ich habe wieder mehr Raum, vor allem in meinem Kopf. Ich werde weitermachen. Noch 33 days to go!

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