Mein Lieblingsort in der Hallertau #1: Der Waldweiher
Pssst... ganz leise jetzt. Ich nehme Euch mit zu meinem Hallertauer Lieblingsort und erzähle Euch eine Geschichte darüber. Aber nur, wenn Ihr mir versprecht, dass Ihr gut darauf aufpasst, ja?
Mein Lieblingsort in der Hallertau
Klar, Vielfalt ist etwas Schönes. Und doch gibt es manche magische Plätze, die uns immer wieder in ihren Bann schlagen und zu denen wir gerne zurückkehren. Wo man immer wieder gerne auf einen Drink hingeht und alte Bekannte trifft. Ein Weiher, an dem die Uhren einfach ein bißchen anders ticken. Oder ein Winkel, an den wir nur unsere besten Freunde mitnehmen. Dies ist nicht nur ein Lieblingsplatz auf unserer Seite, sondern auch ein Ort, um unseren ganz eigenen Favoriten in der Hallertau ein Zuhause zu geben.
Es gibt viele Orte auf der Welt, die der Mensch nach und nach verschlingt, sich einverleibt und nichts zurücklässt als schlecht verdaute, braune Erde. Die Kleinode dieser Welt werden weniger. Jedes Jahr verschwinden 12 Hektar Tropenwald. Auch der heimische Wald hustet. Unzerstörbar scheinende Fichten, dicke Eichen, Bäume, älter als unsere Großeltern bröckeln unter unseren Fingern weg. Auch ich merke das, wenn ich durch meinen Wald spaziere. Schon klar, es ist nicht mein Wald – auf dem Papier gehört er mir nicht.
Aber ich komme nun mal seit ein paar Jahrzehnten in diesen Wald, zu diesem Weiher, wo sich morgens die Seerosen öffnen und abends die Sonne ein letztes Mal durch die Nadelbaumspitzen lugt. Hier habe ich mit Mama und Papa schwimmen gelernt. Hierher spaziere ich im Winter, wenn mir der Rest der Welt zu laut ist. Hier strecke ich an warmen Herbsttagen todesmutig meine Zehen in das eigentlich schon eisige Wasser. Gefühlt kenne ich jeden Tannenzapfen, der im Moos liegt und jede Seerose, die den Enten, Karpfen und Salamandern Gesellschaft leistet. Und so sehr ich ihn manchmal in eine Schneekugel packen und konservieren möchte, so sehr hat er sich dieser Ort doch verändert.
Der „Waldweiher“ war nie besonders leicht zugänglich wie andere Badeseen. Über Jahrzehnte traf man hier nur die Leute, die bereit waren, in der Hitze des Sommers mit dem Fahrrad nach Feilenmoos zu kommen oder die gerne einen Fußmarsch durch das Dickicht des Waldes in Kauf nahmen. Wer beim Baden am Waldweiher umherstreifte, wusste früh, dass ein Tannenzapfen zwischen den Zehen zwar weh tut, aber eigentlich gar nicht so schlimm ist. Dass es ganz lustig sein kann, wenn eine Libelle auf dem Buchrücken landet. Dass die Insekten, die über das Badetuch krabbelten viel mehr hierher gehörten, als Kronkorken und Bonbon-Papier.
Umso seltener traf man dort die mit Kühltruhen, Boombox und Grill bepackten Partycamper, denen der Komfort des Liegestuhls wichtiger war als die fast schon epische Gelassenheit, die man dort zwischen den schiefen Bäumen fand. Am Waldweiher strecken die Leute ihren Bauch in die Sonne, denen es reichte, wenn man auf dem weichen Waldboden sein Handtuch auslegte. Die waren mit einem Apfel oder ein paar Salzstangen zufrieden und brauchten keine Schwimmbadpommes und Beckenrandcurrywurst für ihr Badeglück. Und verlangte es sie doch mal nach einem Flutschfinger oder einem großen Glas Spezi fuhren sie mit dem Fahrrad zum nahe gelegenen Fuchsbau, durch einen wurzeligen Wald vorbei an noch mehr Seen und Pferdekoppeln.
Das ist jetzt anders. Mittlerweile ist es leichter geworden, zu dem kleinen See inmitten des Feilenforstes zu kommen. Die Wege, die sich früher zwischen den Sträuchern nur erahnen ließen, sind nun breiter. An richtig heißen Sonntagen ist es schwieriger, ein schattiges Plätzchen für sich allein zu ergattern. Immer öfter findet man Chipstüten oder leere Bierflaschen auf dem Waldboden, der eigentlich niemandem gehört, außer vielleicht den emsigen Waldameisen, den um die Wette quakenden Fröschen – und meinem Seelenfrieden. An solchen Tagen würde ich den anderen Menschen gerne meine Augen leihen, die mit fast schon kindlicher Naivität die lauten Eingriffe in „meinen“ Waldweiher sehen und ihnen sagen: Dieser Ort ist meine Kindheit. Hier würde ich gerne meinen Kindern auch mal das Schwimmen beibringen. Macht es also bitte nicht kaputt – dieses Kleinod in der Hallertau.
„Die vielen Bäume und die wenigen Menschen – die machen den Wald so schön.“